Lebewesen sind keine Einzelwesen

Wir sind keine Einzelwesen (Monaden). Die Anderen sind bei allem, was wir tun, auf eine gewisse Weise dabei.


Der Andere auf der Ebene der Wahrnehmung

Bereits die Wahrnehmung ist teilweise auf Andere bezogen.


Auch wenn wir uns als Individuen ansehen, auch wenn wir einen Abend allein verbringen, gilt: Wir sind im Beisein und unter der Teilnahme Anderer aufgewachsen. Was wir wahrnehmen, verweist auf Andere: Der leere Stuhl verweist auf diejenigen, die dort sitzen können oder gesessen haben. Manche Gegenstände kommen ins Museum und verweisen dort auf prominente Personen, die diese Gegenstände benutzt haben.

Auch die eigene Sprache verweist in großen Teilen auf Andere: Niemand hat sich seine Wörter selbst ausgedacht. Niemand hat sich den eigenen Namen selber gegeben. So verweist ein großer Teil des Selbst (der Name, die Sprache) auf Andere.


Reden und Tun

Was Menschen tun und sagen, ist durch Andere mitbestimmt – in dem Moment, in dem sie das tun.


Insbesondere die Bildung von Gedanken im Dialog ist durch den Anderen bestimmt: Meine Gedanken entstehen im nichtsprachlichen Antworten auf den Anderen, auf seinen Blick, seine Stimme, seine möglichen Einwände. Auf diese Weise entstehen Gedanken im Dialog – das heißt, sie sind weder nur mir noch dem Anderen zuzuschreiben.

Bernhard Waldenfels: „Im Hören auf meinen Namen ist ein Bezug auf Andere von vornherein mitgegeben“ (Das leibliche Selbst, Frankfurt am Main 2000, S. 44.)